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25. Juni 2018 | JUGEND

Kategorie "Mein besonderes Pferd" - Gotari (Platz 3 für Hanna Westphal)

Ich war neun als ich mein erstes Pferd bekam. Durch eine[nbsp] Zufallsgeschichte, die wie der Traum jedes kleinen Mädchens ausging. Der Name des Pferdes war Blossi, er war vier und noch vollkommen unausgebildet. Das war mir natürlich egal.

Eines Tages, bei einem Familientreffen, bekam meine Mutter einen Anruf und verschwand unter dem Vorwand, sie hätte etwas vergessen. An dem Tag war Blossi, ohne Vorwahnung, nach vier Wochen einfach eingeschlafen und gestorben. So schnell wie der Traum angefangen hatte, war er auch wieder vorbei.

Wir waren zu der Zeit Einsteller in einem kleinen Privatstall mit nur acht Pferden, die alle auf einer Weide standen. Durch einen ungeplanten Zufall war dort ein Fohlen geboren, der Sohn meines Verstorbenen Pferdes, Monty.[nbsp] Die Besitzerin des Stalls machte uns den Vorschlag, ihr das Fohlen für einen lächerlichen Preis abzukaufen. Meine Eltern gingen auf das Angebot ein. Allerdings konnte ich mich nie mit diesem Pferd anfreunden. Schon als er ein Fohlen und ich ein Kind war, entstand zwischen uns keine engere Bindung.

Eine der damaligen Einsteller verließ den Stall, um auf ein größeres Gestüt zu wechseln.

Nachdem die Zäune immer mehr nachließen und wir unser Pferd eines Tages von einem Parkplatz holten, wurden auch wir immer unglücklicher und begannen uns umzusehen. Nur der Neugierede halbar, fuhren wir eines Tages auf das Gestüt, zu dem die Einstellerin gewechselt war. Wir waren völlig wortlos, der Stall war ruhig gelegen, sauber und organisiert. Es kam wie es kommen musste und wir entschlossen uns ebenfalls dorthin zu wechseln.

Zum ersten Mal bekam ich auf dem Gestüt richtigen Reitunterricht; bis jetzt war ich immer nur von unausgebildeten Reitern und dreigängig unterrichtet worden. Monty, der inzwischen zwei Jahre alt war, kam dort auf eine Weide mit vielen Jungpferden. Ich ging jedesmal wenn wir dort waren auf die Weide und beobachtete die Herde. Immer wieder wurden Pferde aus der Jungpferdeherde verkauft und es kamen neue dazu. Eines Tages stand auf der Koppel ein Wallach, der fürchterlich lahmte, mir aber auf den ersten Blick mehr gefiehl, als alle anderen Pferde auf der Weide. Meine Mutter nennt es heute noch „Liebe auf den ersten Blick“. Jeden Tag verbrachte ich Stunden auf der Koppel, nur um dieses eine Pferd zu streicheln. Damals war ich noch der Meinung es sei ein Jungpferd, doch irgendwann sah ich es auf dem Hof, wie jemand es fütterte. Das passierte normaler Weise nicht mit den Pferden von dieser Weide. Ich frage also meine Reitlehrin, ob ich das Pferd im Unterricht reiten dürfte. Das erwies sich schwieriger, als ich gedacht hatte; das Pferd hatte vor fast einem Jahr einen Unfall gehabt. Wir vermuten, dass die Herde sich im Winterpaddock erschreckt hat und er dabei in den Zaun aus Eisenstangen gerutscht ist. Der Tierartzt hatte ihn schon aufgegeben. Das Pferd hatte schlimme Schmerzen und konnte kaum noch gehen. Seine linke Schulter war so stark geprellt worden, dass der Muskel sich zurückbildete. Einschläfern ergab für den Artzt den schnellsten und am wenigsten qualvollen Weg. Die Besitzerin des Gestütes gab glücklicherweise nicht so leicht auf. Mit homeopathischen Mitteln, versuchte sie das Pferd dazu zu bekommen, wieder laufen zu können.

Zu dem Zeitpunkt, an dem ich fragte, ob das Pferd reitbar wäre, stand sein Schicksal noch nicht fest. Wir beschlossen aber, es zu versuchen. Ich[nbsp] war inzwischen zwölf Jahre alt und so klein, dass ich nur eine sehr leichte Last war. Der Name des Pferdes war Gortari.

Ich freute mich so sehr auf den Tag, an dem ich Gortari reiten dürfte, dass ich die Nacht davor nicht schlafen konnte. Als es soweit war und ich das Pferd von der Weide holte, bekam ich zweifel, da er immernoch sehr stark lahmte. Das lag aber an dem Mangel an Muskeln in der linken Schulter. Ich konnte das Pferd nur eine halbe Unterrichstsstunde und sehr langsam reiten. Aber er bockte nicht und sein Lahmen wurde besser. Nach dem kleinen Erfolg, wollten wir es weiter versuchen. Beinahe jede Woche ritt ich Gortari eine halbe Unterrichtsstunde. Wir machten kleine Forschritte und konnten irgendwann sogar sehr kurze Strecken traben. Zuhause gab es beinahe täglich die Diskussion das Pferd zu kaufen. Allerding befand er sich in Privatbesitz. Eine Einstellerin hatte ihn von ihrem Mann zum Hochzeitstag bekommen. Sie selbst konnte ihn aber nicht reiten, da sie zu schwer und damit die Last für die Schulter zu groß war.

Der Tag kam, an dem sie das Gestüt mit ihren drei Pferden verließ, um selbst einen Stall aufzubauen. Für mich brach eine Welt zusammen. Es war klar, dass ich das Pfed, an das ich mein Herz verloren hatte, nie wieder sehen würde. Für mich stand fest, dass ich das Reiten, trotz damaliger Reitbeteiligung aufgeben würde. Ich weinte tagelang und verbrachte schlaflose Nächte. Ich habe mehr getrauert, als in dem Moment, in dem ich mein eigenes Pferd verloren habe.

Meine Eltern wussten, dass sie sicherlich eines Tages ein zweites Pferd kaufen würden. Nur war er zu dem Zeitpunkt für sie noch nicht soweit. Sie erkannten aber, wie schlecht es mir ging und dass ich das Reiten wirklich aufgeben würde. Sie riefen die Besitzerin von Gortari mehrmals an, um ihn nun doch zu kaufen. Diese lehnte aber ab. Natürlich hatten auch andere Einsteller auf dem Hof gemerkt, dass ich nichtmehr kam. Auch meine Reitlehrein rief nun die Besitzerin des Pferdes an, um sie zum Kauf zu überreden, sie lehnte aber wieder ab. Auf unserem Gestüt arbeitete damals ein Bereiter,der meine Eltern fragte, wo ich den immer sei. Sie erklärten ihm, dass ich das Reiten aufgegeben hatte, nachdem das Pferd weg war. Er konnte das nicht glauben. Er hatte einen guten Draht zu der Besitzerin Gortaris und nach einem allerletzten Anruf, der sich um ein am Boden zersörtes kleines Mädchen handelte, war sie überredet Gortari zu verkaufen.

Es war kurz vor Weihnachten, also jetzt fast genau fünf Jahre her, als meine Eltern mir sagten, dass das Pferd zurück auf den Hof kommen würde. Ich konnte das alles nicht glauben bis ich Gortari wirklich vor mir stehen sah. Und selbst dann hatte ich noch Angst zu träumen.

Anfangs war Gortari noch sehr misstrauisch; er hatte so viele Schmerzen erlitten, dass er sich in der Herde und von Menschen eher distanzierte.

Trotz all der Freude durfte ich die Verletzung des Pferdes nicht vergessen. Ich fing so vorsichtig an, wie ich es im Unterricht gelernt hatte; viel Schritt, ein wenig Trab, viele Biegungen und allgemein kurze Trainingszeiten. Dass ich Gortari nicht so schnell reiten konnte, wie alle anderen Einsteller störte mich nicht, da ich die Hoffnung nicht aufgab, eines Tages auch ein Turnier mitreiten zu können. Meine Vorstellung wurde damals noch oft belächelt. Ich wurde nicht ernst genommen, wenn ich sagte, dass das Pferd, dass kaum traben konnte und ich einmal eine Prüfung mitreiten würden.

Die Monate vergingen. Gortari bekam immer mehr Muskelkraft und Vertrauen in mich. Nach etwa vier Monaten konnte ich das Pferd auf der rechten Hand mit der gesunden Schulter galoppieren. Für andere selbstverständlich, für mich ein riesen Schritt. Von Lahmen war nichts mehr spürbar, nur war erkennbar, dass die kaputte Schulter durch die fehlenden Muskeln deutlich dünner war. Nach einem weiteren halben Jahr konnte ich mein Pferd longieren. Ich dachte es wäre an der Zeit sich an den Linksgalopp zu wagen. Es dauerte weitere Wochen, bis Gortari aus Extremstellung wenigstens richtig ansprang und den richtigen Galopp dann gleich wieder verlor. Es dauerte insgesammt zwei Jahre, bis er einigermaßen sicher ansprang und dann auch im richtigen Galopp blieb.

Während ich den Linksgalopp immer mehr trainierte, wagte ich mich auch wieder an den Tölt. Durch die Kraftlosigkeit, die noch immer in der Schulter anhielt, konnte Gortari kaum Spannung halten. Wir schafften es wochenlang nicht länger als eine halbe lange Seite unserer Reithalle im langsamen bewegungslosen Pass zu bleiben. Ich gab aber nicht auf. Die Strecken verlängerten sich. Nach weiteren sechs Monaten schafften wir es immerhin im bewegungslosen Pass ganze Runden zu reiten. Von Takt war allerdings noch nichts zu erkennen.

Die Zeit verging, der Trab wurde schwungvoller, der Tölt sicherer, der Galopp gesprungener, die Muskeln stärker. Durch das viele Training und Longieren, baute Gortari immer mehr Muskulatur auf, es bildeten sich neue neue Muskeln an seiner Schulter, welche die Aufgaben der Alten übernahmen. Von Turnieren war noch immer nicht zu sprechen. Die Entwicklung des Pferdes war enorm, jedoch in den Augen der Anderen immernoch nicht ausreichend. Ich hatte aber ein Ziel und hielt an meinem Traum fest. Ich setzte das Training immer weiter fort.

Nach drei Jahren begann begann Gortari auf einemal zu tölten. Ausnahmslos taktklar und mit erkennbarem Bewegungsbild. Jetzt waren alle Gangarten vorhanden.

Ich war sicher, jetzt könnte ich an einem Turnier teilnehmen. Das Letzte dieser Saison. Ernstgenommen wurde ich noch immer nicht, aber die Stimmen der Anderen wurden leiser.

Wenige Tage vor dem Turnier trat Gortari im Gelände auf einen spitzen Stein und prellte sich so den Huf. Das Turnier musste ich absagen.

Das war zwar ein Rückschlag, aber noch lange kein Grund aufzugeben. Ich hatte nun einige Wintermonate mehr zum Trainieren.

Im Frühjahr war es endlich soweit. Ich sollte mein erstes Turnier nach drei einhalb Jahren gehen.

Meine erste Prüfung war eine einfache Viergangprüfung, die überraschend gut lief. Am Nachmittag sollte ich nur noch eine einfache Töltprüfung reiten. Ich erwartete nicht viel, ich hoffte einfach auf einen Tölt, der die ganze Prüfung über klar erkennbar wäre. Ich ritt in die Bahn ein und Gortari töltete wie er noch nie getöltet war. Die Noten waren noch viel höher, als ich es gehofft und alle anderen erwartet hätten.

Nachdem ich mein Pferd versorgt hatte, setzte ich mich ins Publikum. Durch den Sprecherturm kam die Ansage, dass ich es unter fast fünfzig Reiter ins Töltfinale geschafft hatte und alle um mich herum, die mich früher nie ernst genommen hatten, jubelten und klatschten.

Unsere Geschichte handelt von Hoffnng, und dass man diese niemals aufgeben soll. Inzwischen haben wir uns immer mehr gesteigert. Nichteinmal professionelle Trainer bemerken, dass mein Pferd jemals eine Verlezung gehabt hat. Unsre Turnierprüfnregn laufen mal mehr mal weniger erfolgreich. Aber wer diese Geschichte kennt, kann sich bestimmt denken, dass wir neue Ziele haben und egal wie viel Zeit es kostet, die Hoffnung nicht aufgeben.

Hanna Westphal

Kaltenkirchen, 19 Jahre